Selbsthilfe kann so vieles sein!
Fast jeder hat schon einmal davon gehört, dass es Selbsthilfegruppen gibt. Für viele verbindet sich damit das Gefühl, dass es sich da um verschworene Gemeinschaften handelt, die merkwürdige Rituale pflegen. Der Stuhlkreis ist ein solches Ritual, das jeder vor Augen hat, wenn von Selbsthilfegruppen die Rede ist.
Aber auch eine Gesprächsrunde, ein aufmunterndes Gespräch am Telefon, gemeinsame Ausflüge mit Gleichbetroffenen, das Treffen bei Veranstaltungen oder der Kontakt mit anderen Gruppen.
In der Selbsthilfegruppe lernt man auch aktuelles zum eigenen Beschwerdebild durch Fachvorträge, durch Besuch von Messen.
Details dazu finden Sie unter Aktuelles: DIGITALE SELBSTHILFE!
Selbsthilfe ist aber in jedem Fall der Austausch von Erfahrungen und Informationen, gegenseitige Unterstützung, Solidarität und oft auch jahrelange Freundschaft.
Schon wird klar, dass Selbsthilfe eine Gemeinschaft bedeutet, die jeden stark machen kann und die eben durch das Miteinander eine starke Stimme gerade für chronisch kranke und behinderte Menschen und ihre Angehörigen ist.
Darüber hinaus ist Selbsthilfe auch politische Interessenvertretung. Selbsthilfe bietet auch Unterstützung und Beratung. Es lohnt sich daher, sich etwas näher mit der Selbsthilfe zu beschäftigen.
Eine Erkrankung mit unerwarteter Diagnose, ein Unfall mit schweren Folgen. Ein Kind, das behindert zur Welt kommt. Wir Menschen können in Situationen geraten, mit denen wir nicht rechnen. Wir haben keine Erfahrungen mit dem, was da auf uns zukommt. Wir sind unsicher, haben oft sogar Angst. Die Ärzte und Ärztinnen können uns medizinisch behandeln. Aber was passiert mit unseren Gedanken - mit unserer Psyche? Manchmal fühlen wir uns aber auch nicht ausreichend informiert. Die Recherche im Internet verunsichert uns oft mehr, als dass sie hilfreich ist.
Da tut es gut, zu wissen, dass es noch andere Menschen gibt, die in der gleichen Situation sind oder waren. Und es hilft noch mehr, sich verstanden zu fühlen und von Erfahrungen anderer zu lernen. Wenn wir dann gelernt und unsere eigenen Erfahrungen gemacht haben, ist es für viele geradezu ein inneres Bedürfnis, die eigenen Erfahrungen wiederum an andere weiterzugeben, die jetzt in der gleichen Situation sind, in der man vorher selbst war.
All das kann Selbsthilfe!
Mehr noch: Selbsthilfegruppen und -organisationen bieten eine Vielzahl an Unterstützungs- und Beratungsangeboten an. Dies reicht von Broschüren, Beratungsangeboten, Workshops bis hin zur Unterstützung, Behandlung und Förderung in eigenen Einrichtungen der Selbsthilfeverbände (Landes- oder Bundesverbände). Aber auch dort gilt: Die Betroffenen haben das Sagen, ganz nach dem Motto: „Nichts über uns ohne uns!“
Selbsthilfe. Ein händchenhaltender Stuhlkreis? Kann sein, muss aber nicht!
Eine Gruppe von eher weniger froh gestimmten Menschen sitzt auf Stühlen, die in einem Kreis angeordnet sind. Die TeilnehmerInnen des Stuhlkreises erzählen sich gegenseitig ihre Sorgen und Nöte und nicken sich verständnisvoll zu. Dies ist das Bild, das viele Menschen im Kopf haben, wenn es um Selbsthilfe geht. Und es ist absolut nicht falsch. Auch das ist Selbsthilfe. Aber Selbsthilfe ist eben nicht nur das. Selbsthilfe ist und kann so viel mehr.
Selbsthilfe. Sich selbst helfen? Ja, aber nicht ganz allein!
Die Selbsthilfe, ihre Gruppen und Verbände leben von der Eigeninitiative und Eigenverantwortung ihrer einzelnen Mitglieder. Aber jeder Mensch für sich allein kann nicht so viel erreichen, wie eine starke Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Die Selbsthilfebewegung hat bereits viel in Deutschland erreicht. Die gesundheitsbezogene Selbsthilfe hat sich zu einer wichtigen Säule im Gesundheitswesen entwickelt. Neben ihrer Rolle im Gesundheitswesen ist die Selbsthilfe aber auch die treibende Kraft zur Stärkung der Rechte behinderter Menschen, indem sie unter anderem für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland kämpft.
Um diesen Status Quo beizubehalten, sich aber auch an neue Herausforderungen, wie die Chancen und Risiken der neuen Medien, anzupassen, ist es wichtig, die Selbsthilfe in Deutschland weiterzuentwickeln.
Selbsthilfe.
Wer steckt eigentlich dahinter? Und wo gibt es das? Wir sind viele! Fast überall!
Wie schon gesagt: Gemeinsam können wir viel (mehr) erreichen!
In Deutschland gibt es etwa 100.000 Selbsthilfegruppen zu nahezu jeder Erkrankung und Behinderung, in denen sich rund 3,5 Millionen Menschen zusammenschließen. Die Selbsthilfe-Landschaft in Deutschland ist sehr breit aufgestellt: Von Selbsthilfegruppen auf regionaler Ebene und übergreifenden Landesarbeitsgemeinschaften, über indikationsspezifische (auf bestimmte Krankheitsbilder spezialisierte) Bundesverbände bis hin zur Dachorganisation der Bundesverbände, der BAG SELBSTHILFE.
Selbsthilfegruppen werden durch örtliche Selbsthilfekontaktstellen unterstützt. Nähere Informationen zur Arbeit der Selbsthilfekontaktstellen finden Sie bei der NAKOS (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen) beziehungsweise der DAG SHG (Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.).
Die Selbsthilfe agiert nicht im luftleeren Raum. Sie wird vom Engagement ihrer Mitglieder getragen, aber auch von politischen Institutionen und fördernden Einrichtungen im Gesundheitswesen unterstützt.
Fragen und Antworten
Selbsthilfe bedeutet, sich mit Gleichbetroffenen auszutauschen, sich weiterzuhelfen. Selbsthilfe bietet Unterstützung, Beratung und gibt allen chronisch kranken und behinderten Menschen eine starke Stimme nach außen. Selbsthilfe bedeutet gerade nicht “Hilf dir Selbst!”, sondern “Wir für mich. Selbsthilfe macht mich stark.”
In Selbsthilfegruppen schließen sich Menschen zusammen, die ähnliche Probleme, Süchte, Krankheiten oder Behinderungen haben und sich dadurch im täglichen Leben eingeschränkt fühlen. Durch gegenseitige Unterstützung und Motivation werden die Lebensumstände verbessert und Wege erarbeitet, die ein zufriedeneres Leben ermöglichen. Selbsthilfegruppen gibt es für Betroffene selber, aber auch für deren Familien und Angehörige. Sie dienen dem Erfahrungs- und Informationsaustausch, der gegenseitigen emotionalen Unterstützung und Motivation. Selbsthilfegruppen werden meist ehrenamtlich von engagierten Betroffenen geleitet. Bei Erfüllung bestimmter Kriterien werden sie finanziell (für Öffentlichkeitsarbeit, Raummiete etc.) regional unterstützt. Selbsthilfegruppen sind oftmals Teil von regionalen oder bundesweiten Selbsthilfeorganisationen. Auch hier gilt: “Gemeinsam sind wir stark!”. Beratungstelefone, Broschüren, Veranstaltungen – all dies lässt sich nur auf die Beine stellen, wenn ein größerer Selbsthilfeverband dahintersteht. Teilweise sind Selbsthilfegruppen auch Teil eines gemeinnützigen Vereins.
Unterschiedliche Menschen: Es treffen sich Jugendliche und Erwachsene, Frauen und Männer unterschiedlicher Berufe und Hintergründe. Probiere es doch einfach mal aus! An einem Gruppentreffen teilzunehmen kostet nichts, ist aber zumindest eine wertvolle Erfahrung, die jeder Betroffene einmal gemacht haben sollte. Selbsthilfeorganisationen sind oft als Vereine organisiert, manchmal aber auch als örtliche Selbsthilfegruppen ohne Rechtsform. Man braucht aber keineswegs förmliches Mitglied zu werden, um in eine Selbsthilfegruppe mal hinein zu schnuppern.
In Deutschland gibt es ca. 100.000 Selbsthilfegruppen, in denen rund 3,5 Mio. Menschen organisiert sind. In den großen Städten sind sie leichter zu finden, aber auch in vielen kleineren Städten oder Orten gibt es mehr und mehr. Sie entstehen auf die Initiative Einzelner oder kleinerer Gruppen zu allen erdenklichen Themen und Problemen. Der Neugründung einer Gruppe steht nichts im Wege. Neugründer erhalten Unterstützung durch die Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen in ihrer oder einer nahe gelegenen Stadt. Dort erhalten sie Informationen über regionale und überregionale Möglichkeiten. Man kann aber auch einfach im Internet die jeweilige Selbsthilfeorganisation zum Krankheitsbild oder zur jeweiligen Behinderung heraussuchen und dort die Ansprechpartner der nächsten Selbsthilfegruppe vor Ort erfragen. Weitere Informationen findest Du bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).
Es gibt keine Regeln dafür, wie das Treffen einer Selbsthilfegruppe ablaufen soll oder welche Themen besprochen werden sollen. Jede Gruppe gestaltet ihre Treffen individuell und in eigener Verantwortung. Es werden Fach- wie private Themen besprochen. Man gibt sich Tipps im Umgang mit der Bürokratie, unternimmt gemeinsam Ausflüge oder auch Reisen. Viele Selbsthilfegruppen laden aber bspw. auch Fachexpertinnen und -experten zu Vorträgen ein.
Nein! Aber für den intensiven Austausch und die Vertrauensbildung innerhalb der Gruppe ist es schöner, wenn jeder regelmäßig an den Treffen teilnimmt.
Nein! Manchmal werden geringe Beiträge für gemeinsame Aktionen eingesammelt.
Nein! Aber man sollte sich entsprechend der vorher getroffenen Vereinbarungen (zum Beispiel bei Nichterscheinen) abmelden, die Mitglieder über einen geplanten Austritt informieren oder die Aufgaben, die man übernimmt, erfüllen.
Die Gruppengröße ist variabel und liegt in der Regel zwischen fünf und zwanzig Mitgliedern.
Das ist von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich. Manche treffen sich wöchentlich, andere vierzehntägig, monatlich oder einfach nach Absprache.
Ein Treffen dauert in der Regel zwischen eineinhalb und zwei Stunden, aber es gibt hier keine Vorschriften.
Die Treffen finden in neutraler Umgebung statt. Oft werden kostenlose Gruppenräume durch die Kontaktstellen (z.B. KIGS in Balingen oder die Stadtverwaltung Balingen) vermittelt. Das kann ein Raum im Rathaus, im Krankenhaus oder bei einer gemeinnützigen Organisation sein. Kleine Gruppen treffen sich aber auch unkonventionell, z.B. im Eiscafé, in einer Gaststätte oder auch privat.
Nach dem Selbsthilfeprinzip wird eine Selbsthilfegruppe von Betroffenen eigenständig organisiert und geleitet. Fachleute wie Ärzte oder Therapeuten werden manchmal als Referenten für Vorträge gewonnen. Es findet keine ärztliche oder therapeutische Versorgung in der Gruppe statt. Sie kann aber eine Therapie oder einen Krankheitsverlauf positiv unterstützen.
Ja! Dies ist eine der Grundregeln des Austausches in Selbsthilfegruppen. Aus diesem Grund wird die Identität bzw. die Teilnahme einzelner Mitglieder an Treffen nicht an Außenstehende weitergegeben. Es gibt auch keine Teilnehmerlisten.
Von einer Selbsthilfeorganisation spricht man dann, wenn sich mehrere Selbsthilfegruppen zu überregionalen, landesweiten oder bundesweiten Verbänden zusammenschließen.